Warum überhaupt zum Anwalt gehen?


.... wird sich mancher fragen, ich habe doch erst gestern in einer Zeitschrift gelesen, wie ein Gericht genau in „meinem“ Fall entschieden hat. Und wo es Musterformulare und Musterschreiben zu fast allen Rechtsproblemen gibt, weiß doch heutzutage auch jedes Kind.

Zugegeben, es schadet nicht, wenn man seine Rechte kennt. Nicht bei jeder Streitigkeit oder Unstimmigkeit (Ausnahme: Anwaltszwang) muss gleich anwaltliche Hilfe in Anspruch genommen werden.

Rechtsratgeber, Musterformulare und Musterschreiben sind u.U. hilfreich, wenn es darum geht, sich einen ersten Überblick zu verschaffen. Doch Vorsicht ist geboten. Man muss immer im Auge behalten, dass die Verfasser dieser Muster Ihren konkreten Fall mit all seinen Einzelheiten nicht bedenken konnten. Ebenso wenig ist die Tatsache, dass ein Gericht bereits einmal eine bestimmte Entscheidung getroffen hat, eine Garantie dafür, das auch in ihrem Fall das gleiche Urteil gesprochen wird. Eine kleine, für den Laien scheinbar unwichtige Abweichung zum Ursprungsfall kann hier schon zum Verlust des scheinbar sicher geglaubten Rechtsstreits führen. Im übrigen kann es auch bei scheinbar vergleichbaren Sachverhalten, die vor unterschiedlichen deutschen Gerichten ausgeurteilt wurden, zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

Genauso, wie Sie bei einer Erkrankung Ihren Arzt aufsuchen, sollten Sie daher auch bei rechtlichen Problemen Ihren Anwalt konsultieren. Nur so vermeiden Sie, dass sich aus einer scheinbar harmlosen Erkältung eine Lungenentzündung oder aus einem scheinbar einfach gelagerten rechtlichen Problem ein teurer und für sie finanziell nachteiliger Rechtsstreit ergibt.

Der Anwalt soll Sie über die Risiken einer Rechtsvertretung und die Möglichkeiten, solche Risiken zu minimieren oder zu vermeiden, aufklären. In der Regel rentiert sich der Gang zum Anwalt, auch wenn diese Dienstleistung Geld kostet, nicht nur, wenn die eigene Rechtsauffassung durchgesetzt werden kann sondern auch dann, wenn der erfahrene Rechtsanwalt Sie über das Risiko einer Rechtsverfolgung aufklärt und Ihnen u.U. davon abrät, den gedachten Schritt zu machen. Verlieren Sie nämlich den Rechtsstreit, ohne sich der Risiken bewusst zu sein, kann Sie das noch viel teurer zu stehen kommen, als Ihren Anwalt zu bezahlen. Ihr Anwalt ist also auch Risikomanager.

Anwaltlicher Rat sollte daher bereits im Vorfeld eingeholt werden und nicht erst dann, wenn „das Kind bereits in den Brunnen gefallen ist“. Bei Vertragsgestaltungen und Vertragsüberprüfungen z.B. bei notariellen Eheverträgen, Kaufverträgen, Arbeits- oder Mietverträgen, kann der Gang zum Anwalt vor Vertragsschluss viel Ärger im Nachhinein vermeiden.

Ihr Anwalt: Kompetenz und Erfahrung zur Wahrung ihrer Interessen; unabhängig, verschwiegen und loyal!

Was versteht man unter Anwaltszwang?

Hierbei geht es um die Frage, ob sich eine Partei vor Gericht selbst vertreten kann oder aber einen Anwalt einschalten muss, damit Erklärungen und Handlungen rechtliche Wirkung entfalten können.

Nach § 78 Zivilprozessordnung (ZPO) muss sich eine Partei in zivilrechtlichen Angelegenheiten vor den Landgerichten, den Oberlandesgerichten und dem Bundesgerichtshof anwaltlich vertreten lassen. Vor den Landgerichten kann jeder bei einem Amts- oder Landgericht zugelassene Anwalt bundesweit auftreten, vor Gerichten des höheren Rechtszuges dürfen demgegenüber nur die dort jeweils zugelassenen Rechtsanwälte auftreten.

Wird der Prozess vor dem Amtsgericht verhandelt, besteht – mit Ausnahme der in § 78 Abs.2 ZPO geregelten familienrechtlichen Angelegenheiten - kein Anwaltszwang. Jede Partei kann sich dort also selbst vertreten oder von einer beliebigen anderen Person (sofern diese voll geschäftsfähig ist) vertreten lassen. Zu beachten ist dabei allerdings, dass das Gericht eine nicht anwaltlich vertretene Partei genau so behandelt, wie eine anwaltlich vertretene Partei, es weist also nicht auf mögliche Fehler und Versäumnisse hin und wird nicht beratend tätig. Für den Laien, der die Spielregeln des Zivilprozesses in der Regel weder kennt noch beherrscht, besteht dadurch unter Umständen ein größeres Risiko, dem Prozess zu verlieren.